„Wasserfänger“ in Mitteleuropa oder warum wir Nadelbäume brauchen

Mitte August wurde ich Zeuge eines wunderbaren Ereignisses in der Natur, das jeder aufmerksame Wanderer am Morgen in den Bergen beobachten kann. Wir hatten einen Tag in Pfronten (850m ü. NN ) übernachtet und ich stand früh auf, um Fotos von der Natur zu machen.
Die Wolken hingen tief über dem Wald und ich wanderte bis zu einem Waldrand, an dem hohe Fichten standen. Die höheren Lagen des Waldes waren im Wolkennebel gehüllt. Langsam zog der Nebel gen Tal. Dort wo der Wald endete, sank der Nebel in die Wiesen.
Nach einer Weile aber drehte ich das Bild und der Nebel zog wieder aufwärts, langsam den Hang wieder hinauf.

Fichten(nebel)wald in Pfronten in Wolken gehüllt.

Im Wolkennebel geht die Wassersättigung der Luft gegen 100%. In den herabhängenden Ästen der Fichten sammelten sich die Tropfen, die langsam durch die Schwerkraft nach unten liefen und wenn man in den Wald hineinhörte, tropfte es ohne Unterlass. Obwohl der Wald sich nur Wolkennebel befand, „regnete es quasi im Wald“.
Der Nadelwald kämmte die Feuchtigkeit der Wolken aus der Atmosphäre.

ERKLÄRUNG:

Die Fichten profitieren zweimal von dem vorbei ziehenden Wolkennebel:
1. Wenn die Umgebungsluft kälter als der Wald ist, zieht der Nebel ins Tal und streift den Wald.
2. Wenn sich die Umgebungsluft nach Sonnenaufgang langsam erwärmt, steigen die Wolken langam wieder die Hänge hinauf, ebenfalls wieder die Äste der Bäume streifend.
Jedes Mal kann die Luftfeuchtigkeit eingefangen werden.

Je nach Wolkenstand kann der Nadelwald also den durchschnittlichen Niederschlag im Jahr stark erhöhen und das nicht benötigte Wasser an den Wurzelbereich, den Boden und damit an den Abfluss gen Tal abgeben.

In Pfronten gab es auch Laubbäume in unmittelbarer Umgebung. Deren Blätter waren feucht, aber wie auch bei den Kräutern der benachbarten Wiesen „klebten“ die Wassertropfen förmlich an den Blattoberflächen.
Von ihren Blättern tropfte kein Wasser zu Boden.
(auf die Funktion der Laubbäume als Wassersammler wird an anderer Stelle eingegangen).

Die vorhangförmigen Äste der Nadelbäume sind Tau-/Nebelfänger.

Derzeit gibt es auch wissenschaftliche Belege dafür, dass die Pflanzen Terpenoide und an warmen Tagen Terpene (Aerosole) abgeben, die einen verstärkenden Einfluss auf die Kondensation des Wassers, also der Tropfenbildung haben. Sollte sich diese Eigenschaft nachweisen lassen, könnte man von einem aktiven Wassermanagement der Pflanzen sprechen.

FAZIT:

  • Neben dem Regen können nur Pflanzen Wasser aus der Atmosphäre wieder für den Boden verfügbar machen. Sie tragen dazu aktiv zur Grundwasserversorgung bei.
  • Nadelbäume, wie Fichten und Tannen erfüllen in den Gebirgslagen die spezielle Rolle der „Wassersammler“ und tragen maßgeblich zur zusätzlichen Bewässerung der Landschaften in den tieferen Lagen bei.
  • das Tropfen des Wassers hat verschiedene Vorteile für die Pflanze:
    – Sie kann schnell Wasser und Nährstoffe aus der Blattregion zur
    Wurzel transportieren.
    – Sie kann ihre Nadeln, die über 6 Jahre alt werden können, reinigen.
    – Sie kann die Luftfeuchtigkeit senken, so dass schnelller wieder eine
    Transpration möglich wird.
  • Ein Roden oder der Verlust dieser Wälder führt direkt zum Verlust des Wassers oder gar zum Versiegen des Wassers in Flüssen.
  • Bei Fehlen des Waldes würde das Wasser der Wolken, bzw. des Nebels nur noch vermindert der Menschheit zur Verfügung stehen.
  • Wenn sich das Klima erwärmt und die Wassersättigung dieser Region abnimmt, so z.B. beim Fön, kann das „Wassersammeln“ und die Befeuchtung des Waldbodens nicht mehr funktionieren.
    Mit abnehmender Wassersättigung der Luft vertrocknen die Wälder und werden anfällig gegen,Insektenbefall und Baumkrankheiten, so wie wir e in den Mittelgebirgen erleben.

FORDERUNGEN:

  • Vermehrtes Pflanzen von Nadelbäumen in Gebirgshöhenlagen, um den Zufluss des Wassers zu den Flüssen zu sichern.
  • kein weiteres Roden von Gebirgswäldern, vielmehr Erhlalt durch weiteres Ausweisen von Schutzgebieten für Gebirgswälder.